Nahrungsspezialisierung


Beutetiere bestimmen die Dynamik in der Wieselpopulation

Wiesel ernähren sich vor allem von Wühlmäusen, daran lassen Ergebnisse aus einer Fülle von Untersuchungen aus verschiedenen Gebieten Europas keinen Zweifel (z.B. Erlinge 1981). Langschwanzmäuse und andere Säuger werden in Mitteleuropa hingegen seltener gejagt. Ebenfalls nur in geringen Mengen nehmen die beiden Wieselarten auch Wirbellose, Vögel, deren Eier und zu gewissen Jahreszeiten sogar Früchte zu sich.

Allerdings unterscheidet sich die Beutetierfauna in verschiedenen europäischen Regionen stark, ganz besonders die Wühlmausbestände: Skandinavische Wiesel finden am häufigsten die auch bei uns verbreiteten Rötelmäuse (Clethrionomys glareolus, 14–40 Gramm) und die nur im Norden vorkommende Graurötelmaus (Clethrionomys rufocanus, 15–50 Gramm) sowie Lemminge (bis 130 Gramm). Britische Hermeline können auch Kaninchen jagen. In der Schweiz hingegen besteht das Angebot vor allem aus zwei, meist unterirdisch bzw. im Winter unter der Schneedecke lebenden Wühlmausarten: der grösseren Schermaus (Arvicola terrestris, bis 320 Gramm) und der kleineren Feldmaus (Microtus arvalis, 14–40 Gramm). Seltener stellen Erdmäuse (Microtus agrestis, 17–40 Gramm) eine Hauptbeute dar. Zyklische Bestandesschwankungen kommen in Skandinavien vor allem bei Rötelmäusen und Lemmingen vor, in Mitteleuropa nur bei Schermaus und Feldmaus. Qualitative Beobachtungen im Schweizer Mittelland lassen allerdings vermuten, dass die Feldmausbestände in den letzten Jahrzehnten an manchen Orten eher zurückgegangen sind oder in Restbiotope verdrängt wurden. Ob sie im Schweizer Mittelland noch immer so deutlich schwanken wie einst, erscheint daher fraglich. Die Schermausbestände hingegen scheinen nach wie vor gross zu sein und im üblichen Rahmen zu oszillieren.

Die grundlegenden Unterschiede beim Nahrungsangebot von nordischen und mitteleuropäischen Wieseln sind im Zusammenhang mit der Populationsstruktur und dem Wieselrückgang im Schweizer Mittelland unbedingt zu berücksichtigen. Während das grössere Hermelin gleichermassen Feld- und Schermäuse jagt, ist das Mauswiesel allein aufgrund seiner geringen Körpergrösse bei uns stark von den kleineren Feldmäusen abhängig. Bei den Schermäusen vermag es höchstens Jungtiere zu überwältigen. Dementsprechend ist die Nahrung der Hermeline viel regelmässiger im Raum verteilt als die Nahrung der Mauswiesel. Man kann also erwarten, dass sich dies in der Verteilung und Grösse der geeigneten Habitatflecken von Mauswiesel und Hermelin und schliesslich in der Aufteilung ihrer Metapopulationen in Lokalpopulationen spiegelt.

Aus Müri, Helen (2005): Hermelin und Mauswiesel im Licht der Populationsstruktur. Wildbiologie 4/32, 16 pp. (Der vollständige Artikel kann bestellt werden bei: Wildtier Schweiz: http://www.wildtier.ch >> Shop)


    Kleinstrukturen: in jedem Wiesellebensraum zentral (Foto: Müri)